Torsdag møtes to paver i Kairo

Ägypten stellte für Johannes Paul II. eine wichtige Etappe auf seiner Pilgerfahrt auf den Spuren der Heilsgeschichte dar - Wichtige christlich-ökumenische, interreligiöse und politische Begegnungen

Kairo, 23.2.00 (KAP) Als Pilger des Heiligen Jahres absolviert Papst Johannes Paul II. von Donnerstag bis Samstag eine wichtige Etappe seines Besuchsprogramms auf den Spuren von Abraham, Moses, Jesus und Paulus: der Papst kommt zum Gebet auf den Sinai und nimmt zuvor in Kairo zahlreiche christlich-ökumenische, interreligiöse und politische Begegnungs-Termine in der ägyptischen Hauptstadt Kairo wahr. Besorgte Fragen im Hinblick auf die gesundheitliche Belastung wies der Papst zurück: "Ich werde noch eine Ewigkeit Zeit haben, mich auszuruhen", erklärte er.

Johannes Paul II. kommt am 24. Februar um 14 Uhr Ortszeit in Ägypten an. Auf dem Flughafen von Kairo wird er von Staatspräsident Hosni Mubarak und von den katholischen Bischöfen unter Leitung des koptisch-katholischen Patriarchen Stephanos II. Ghattas begrüst werden. Johannes Paul II. wird dabei auch Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Staatspräsidenten haben.

Um 18 Uhr absolviert der Papst im Herzen von Kairo, einen Höflichkeitsbesuch bei Schenuda III., dem Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche in Ägypten und "Papst von Alexandrien". Die Residenz Schenudas gehört zum grosen Gebäudekomplex des koptischen Kirchenzentrums, das auch die theologische Fakultät und die Ende der sechziger Jahre erbaute Markus-Kathedrale umfasst, in der sich jeden Freitag tausende Ägypter zu den berühtem Katechesen des Patriarchen einfinden.

Um 19 Uhr trifft Johannes Paul II. mit dem Grosscheich der Al-Azhar-Universität, Mohammed S. Tantawi, zusammen. Der Besuch wird in der 1999 eröffneten neuen Residenz des Scheichs stattfinden, die sich in dem auf die Zeit der Fatimiden zurückgehenden Stadtteil Kairos in der Nähe der Universität befindet. Am späteren Abend kommt der Papst in die Apostolische Nuntiatur im Stadtviertel Zamalek auf der Insel Gezira, wo er die Nacht verbringt.

Am zweiten Tag seines Aufenthalts in Ägypten feiert der Papst um 8.45 Uhr im Stadion eine Heilige Messe mit den Katholiken von Kairo. Der Gottesdienst sollte zunächst in der koptisch-katholischen Kathedrale stattfinden, war jedoch aus Platzgründen (die Kathedrale bietet nur 2.000 Gläubigen Platz) in das Stadion verlegt worden. Für das Stadion, das normalerweise 20.000 Personen Platz bietet, sind aus Sicherheitsgründen nur 15.000 Gläubige zugelassen.

Für 13 Uhr ist ein Mittagessen mit den Bischöfen in der Nuntiatur vorgesehen. Um 17.30 Uhr folgt ein ökumenisches Treffen in der am koptisch-katholischen Kathedrale. Unter anderem ist die Teilnahme von Papst Schenuda III. und des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Alexandrien und ganz Afrika, Petros VII., vorgesehen. Am dritten Tag geht es dann weiter zum Berg Sinai. Nach der Privatmesse in der Kapelle der Nuntiatur von Kairo verlässt der Papst um 8 Uhr Kairo und fliegt zum Katharinenkloster. Begleitet wird er vom Oberhaupt der autonomen orthodoxen Kirche des Sinai, Erzbischof Damianos, der seine Residenz in Kairo hat.

Im Katharinenkloster wird kein ökumenisches Gebet innerhalb der Klostermauern möglich sein. Johannes Paul II. feiert stattdessen einen Wortgottesdienst im benachbarten Olivenhain. Er wird aber die berühmte Bibliothek des Klosters besichtigen können, die nach dem Vatikan und dem Escorial der weltweit gröste Aufbewahrungsort antiker Codices ist.

Um 14 Uhr fliegt der Papst wieder zurück nach Kairo. Nach einer kurzen Ruhepause in der Apostolische Nuntiatur findet um 18 Uhr die Verabschiedung auf dem internationalen Flughafen statt.

Erster Papstbesuch in Ägypten

Es ist das erste Mal, dass ein römischer Papst Ägypten besucht. Der Besuch ordnet sich ein in die Reihe der Besuche im Heiligen Land (oder in den "Heiligen Ländern", wie es auf Arabisch heist), deren Ziele in dem Schreiben "Pilgerreisen an die Orte, die mit der Heilsgeschichte in Verbindung stehen", angegeben sind. Angefangen hätte Johannes Paul II. dabei von sich aus am liebsten mit der Stadt Ur im heutigen Irak, von wo aus Abraham vor mehr als 4.000 Jahren in das Land am Jordan ausgezogen war. Die Politik machte hier dem Papst jedoch einen Strich durch die Rechnung: Die ursprünglich für Anfang Dezember 1999 geplante Reise in den Irak war mit Blick auf die aktuelle Situation - das internationale Embargo und die anhaltenden Luftangriffe auf das Land - von den Behörden in Bagdad abgesagt worden. Mit einer geistlichen Betrachtung über den Aufbruch Abrahams in das Gelobte Land im Rahmen der Generalaudienz am Mittwoch, 23. Februar, konnte Johannes Paul II. nur "virtuell" nach Ur reisen.

Die Ägyptenreise führt den Papst in ein heilsgeschichtlich nicht minder bedeutsames Land. "Haus des Gottes Ptah" (Ad-Ka-Ptah) ist der etymologische Ursprung von "Ägypten"; gleichzeitig ist es das Land des Evangelisten Markus. Es ist ein Stück Erde, das seit Jahrtausenden intensivst mit der Frage des Menschen nach dem einen und einzigen Gottes in Zusammenhang steht.

Die Vorstellung von Gott Ptah, den die alten Ägypter als Schöpfer der Welt betrachtet hatten, nimmt manches von dem vorweg, was später für den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs charakteristisch sein sollte. Im Ersten Testament wird "Ägypten" als Ort der göttlichen Wunderzeichen und als Land des Sklaventums unter den Pharaonen beschrieben. Im Evangelium ist es Ort der Zuflucht für die Heilige Familie. Der Evangelist Markus soll hier gewirkt haben. Das Christentum breitete sich rasch aus; am Ende des 3. Jahrhunderts dürfte Ägypten bereits weitgehend christianisiert gewesen sein, daher war hier auch die diokletianische Verfolgung, die bis heute im koptischen Bewustsein lebendig ist, besonders grausam. Die gesamte Weltkirche zehrt bis heute vom theologischen und spirituellen Reichtum der Kirche Ägyptens.

So erlebte hier nach der Zeit der Verfolgungen das Mönchtum mit Antonius (251-356) und Pachomius (287-347) seine erste Blütezeit. 200 Jahre später sollte der heilige Benedikt Ideen dieser Pioniere übernehmen und für die gesamte europäische Kultur fruchtbar werden lassen. Clemens und Origines schufen mit der alexandrinischen Schule die Synthese zwischen dem griechischen Gedankengut der Antike und dem Christentum. Sie beeinflusst die westliche Metaphysik bis zum heutigen Tag. Sogar die "Papst"-Bezeichnung ist eine ägyptische Prägung. Erstmals wurde der Patriarch von Alexandrien "Papst" genannt. Später wurde der Titel auf den Bischof von Rom übertragen.

Zentralland auch für Islam und Judentum

Ein Zentralland ist Ägypten aber auch für das Judentum und schlieslich für den Islam. Es ist eines der ersten Länder, das von den Muslimen erobert wurden (im Jahr 642, zehn Jahre nach dem Tod Mohammeds). Dank des Zusammentreffens mit der christlich-ägyptischen Kultur entwickelte sich hier der Sufismus als mystischer und monastischer Zweig des Islam. Obschon sie zum Teil als Häretiker verfolgt wurden, waren die Sufi - auf Grund ihrer Anpassungsfähigkeit und eines gewissen Synkretismus - auch grose Missionare, die den Islam im europäischen Mittelmeerraum, auf dem indischen Subkontinent und im Kaukasus verbreitet haben.

Obwohl das Christentum in Ägypten stärker geblieben ist als in anderen ehemals christlichen Ländern des Nahen Ostens, ist die Situation heute von schweren Spannungen gekennzeichnet. Islamische Fundamentalisten schrecken vor Gewalttaten nicht zurück, die Haltung der Sicherheits- und Justizbehörden ist für viele koptische Christen unbefriedigend. Zuletzt starben rund 30 Menschen Ende 1999 bei einem Blutbad in dem oberägyptischen Marktflecken El Kosheh.

Ökumenischer Dialog

Die katholische Kirche versucht seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil - nicht zuletzt auch dank der in Wien beheimateten Ökumenischen Stiftung "Pro Oriente" - auf die koptisch-orthodoxe Kirche zuzugehen. Die Rückkehr der einst von den Venezianern entwendeten Reliquien des hl. Markus nach Alexandrien im Jahr 1968 (auf Wunsch des damaligen Patriarchen von Venedig, Giovanni Urbani) war eine der ersten Gesten der Aussöhnung. Es folgte am 10. Mai 1973 die christologische Erklärung von Papst Paul VI. und Schenuda III. im Vatikan. Katholiken und orthodoxe Kopten setzen sich innerhalb der arabischen Welt gemeinsam für die Rechte der Palästinenser und für die arabische Einheit ein. Doch hat dies die Christen nicht aus der gefährdeten Situation als Minderheit heraus geführt.

Zentrale Bedeutung vor diesem beunruhigenden Hintergrund hat deshalb die Papst-Visite beim Grosscheich von Al-Azhar, Mohammed S. Tantawi. In einem Pressegespräch sagte der Stellvertretende Vorsitzende der Kommission für den muslimisch-christlichen Dialog an der Al Azhar-Universität, Ali al-Samman, es handle sich um ein "sehr wichtiges Ereignis und eine wichtige Gelegenheit für die Muslime, denn erstmals besucht ein Papst aus Rom das Dar al-Islam (Haus des Islam)". Dies habe eine wichtige symbolische Bedeutung.

Das ägyptische Fernsehen weist mittlerweile jeden Tag auf den bevorstehenden Besuch hin. Über die Reisen Mubaraks nach Italien und seine Besuche im Vatikan war in der ägyptischen Presse viel berichtet worden, was in gewisser Weise zur Vorbereitung der Öffentlichkeit beitrug. Nach Ansicht einheimischer Journalisten werde es auch keine Probleme geben, was die Sicherheit anbelangt. Man betrachtet das Problem des Fundamentalismus als "unter Kontrolle" und betont, dass die Ägypter an sich ein friedliches Volk sind.

Probleme mit islamischen Fundamentalismus

Der islamische Fundamentalismus - der in Ägypten schon auf die Zwischenkriegszeit zurückgeht - hatte in den siebziger Jahren als Reaktion auf den gesellschaftlichen Wandel wieder Auftrieb erhalten. Die Sadat-Regierung benutzte dabei den Fundamentalismus geschickt als Instrument, um ihre Position gegen die Anhänger Nassers zu stärken. In den vergangenen Jahren wurde der Extremismus von den ägyptischen Behörden unterdrückt, doch auf örtlicher Ebene kommt es immer wieder zu Konflikten. Alle christlichen Kirchen des Landes werden deshalb mittlerweile von der Polizei bewacht.

Wenn auch zwischen den höchsten Religionsvertretern freundschaftliche Verbindungen herrschen, so gilt doch, dass sich die Christen schwer tun, den Muslimen ihre Situation als Minderheit verständlich zu machen. Auch auf politischer Ebene gelingt es der kleinen Vertretung der Christen im Parlament nicht, ausreichend Einfluss zu nehmen. Dies führte dazu, dass die meisten Christen das politische Engagement ablehnen.

Verfälschende Statistiken

Offizielle Statistiken tendieren dazu, die Zahl der Christen zu minimieren. Die Volkszählung 1986 gibt ihre Zahl mit 3,3 Millionen an. Die örtlichen Kirchen dagegen kommen auf Grund ihrer Taufregister auf völlig andere Zahlen. Demnach wären es rund zehn Millionen Christen.

Die unterschiedlichen Zahlenangaben lassen sich zum Teil mit dem Phänomen der sogenannten Krypto-Christen erklären, d.h. jener Gläubigen, die sich unter gesellschaftlichem Druck als Muslime ausgeben.

Die meisten Christen leben in Oberägypten (der südliche Landesteil), und dort insbesondere in den Verwaltungsbezirken Miniah, Assiut, Sohag und Quena, wo der Anteil der Christen bis zu 35 Prozent beträgt. Auserdem leben viele Christen in den Stadtrandgebieten von Kairo und Alexandrien.

Katholische Präsenz

Die katholische Kirche ist in sieben verschieden Riten vertreten: koptisch, melchitisch, syrisch, maronitisch, lateinisch, chaldäisch, armenisch. Die sieben Riten schliesen sich in der "Konferenz der katholischen Patriarchen und Bischöfe Ägyptens" zusammen.

Die mit Rom unierte koptisch-katholische Kirche gehört zu den kleinsten katholischen Gemeinschaften des Orients. Offiziell wurde das Patriarchat 1895 errichtet. Heute hat die koptisch-katholische Kirche rund 200.000 Gläubige. Oberhaupt seit 1986 ist Patriarch Stephanos II. Ghattas.

Bruck nach Chalcedon

Die heutige koptisch-orthodoxe Kirche entstand, als sich das alexandrinische Patriarchat in der Folge der christologischen Auseinandersetzungen des 4. und 5. Jahrhunderts spaltete. Seit dem 11. Jahrhundert hat das koptische Patriarchat von Alexandrien seinen Sitz in Kairo. Das Patriarchat ist in rund 30 Diözesen unterteilt; Oberhaupt ist seit 1971 Schenuda III. Grose koptische Gemeinden gibt es auch im Ausland, insbesondere in Amerika und Australien. In Österreich dürften etwa 4.000 Kopten leben.

Kathpress

av Webmaster publisert 25.02.2000, sist endret 25.02.2000 - 00:08