Schweizer Juden kritisieren Vatikan-Schreiben «Dominus Iesus»

Jüdischer Glaube lehnt Überlegenheit einer monotheistischen Religion über die andere ab

Bern, 15.9.00 (KAP) Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) hat Kritik am Vatikan-Dokument «Dominus Iesus» geübt. Die Erklärung der Glaubenskongregation spreche sich unterschwellig für den Proselytismus und gegen die Toleranz zwischen den Religionen aus, heißt es einem durch die «Jüdische Rundschau» verbreiteten Positionspapier des SIG. Man sei von den Aussagen des Dokuments «irritiert und betroffen».

Die Auffassung, nur der Katholizismus sei die wahre Religion, sei «ein Schritt zurück, eine Rückkehr zu einer als überwunden geglaubten Haltung». Es werde damit der Dialog zwischen den Religionen beeinträchtigt, der in den vergangenen Jahren mit viel Mühe und Geduld aufgebaut worden sei. Die Erklärung treffe die Juden umso tiefer, als die jüdische Religion die Überlegenheit einer monotheistischen Religion über die anderen stets abgelehnt habe. Den im Talmud erwähnten «Gerechten unter den Völkern» sei das Himmelreich sogar eher versprochen als den Juden selbst.

Darüber hinaus sei die Bekehrung dem Judentum fremd, betont der SIG. Im Vatikan-Dokument sei jedoch zwischen den Zeilen zu lesen, dass die Aufgabe der katholischen Kirche weiterhin die Bekehrung all jener sei, die ihr noch nicht angehören. «Die Juden haben zu sehr unter dieser Haltung gelitten, als dass sie es hinnehmen würden, sie wieder aufkeimen zu sehen», schreibt der Gemeindebund. Man habe geglaubt, dass die Toleranz zwischen den Religionen mittlerweile universellen Wert hätte. Die Erklärung könne den mit den Vertretern des Katholizismus geführten fruchtbaren Dialog belasten.

Kathpress

av Webmaster publisert 16.09.2000, sist endret 16.09.2000 - 20:37