Friedensappelle im Schatten des Krieges

Sorge um Sicherheit zu Beginn der Papstreise nach Kasachstan

"Kathpress"-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel

Astana, 22.9.01 (KAP) Überschattet von gespannten internationalen Lage hat am Samstag der viertägige Papstbesuch in Kasachstan begonnen. Schon vor dem Abflug des Papstes zu seiner 95. Auslandsreise hatte in Rom die Nachricht für Aufsehen gesorgt, dass Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano den Papst auf dieser Reise nicht begleitet - und zwar erstmals, seitdem der Kardinal das Amt des Zweiten Mannes im Vatikan übernommen hat. Unter Vatikan-Beobachtern wurde zunächst spekuliert, es handle sich um eine Sicherheitsmaßnahme - vergleichbar den getrennten Aufenthaltsorten des US-Präsidenten und seines Stellvertreters während aktueller Krisen. Doch Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls widersprach dieser Deutung und erklärte, angesichts der zu erwartenden internationalen Entwicklungen habe Sodano es vorgezogen, im Vatikan die Stellung zu halten. Er wolle von dort aus die in der aktuellen Lage besonders wichtige Außenpolitik des Heiligen Stuhls koordinieren.

Für Unruhe sorgten ferner italienische Presseberichte über eine angeblich geplante Eskorte von Militärflugzeugen für die Papstmaschine der "Alitalia" - doch erwiesen sich die Meldungen schon bald als sachlich falsch. Lediglich die persönliche Schutztruppe des Papstes wurde um einige Leibwächter aufgestockt. Und dass die Gedanken des Papstes bei seiner Reise nicht zuletzt auch der angespannten internationalen Lage galten, machte ein Telegramm deutlich, das er während des Überfliegens von russischem Territorium an Präsident Wladimir Putin in Moskau sandte. In dem Schreiben brachte der Papst den Wunsch zum Ausdruck, dass Russland "zehn Jahre nach den Ereignissen von 1991 sein Engagement für das große Anliegen des Friedens und der Gerechtigkeit unter den Völkern der Erde verstärken möge".

Zum ersten Mal hat damit der Papst aus Polen unmissverständlich erklärt, dass er eine stärkere Rückkehr Moskaus auf die Bühne der Weltpolitik befürwortet. Zugleich ruft der Verweis auf 1991 auch die Erinnerung an den Golfkrieg wach, der vor zehn Jahren die Welt in Atem hielt. Damals hatte der Papst mit zahlreichen Appellen und am Ende sogar mit persönlichen Briefen an den amerikanischen und den irakischen Präsidenten ein erneutes Blutvergießen im Nahen Osten zu verhindern versucht.

Auch bei seiner Ankunft in der kasachischen Hauptstadt Astana, die von schärfsten Sicherheitsvorkehrungen begleitet war, sprach der Papst explizit über Krieg und Frieden - freilich ohne die USA oder Afghanistan beim Namen zu nennen. Er erinnerte daran, dass Kasachstan den Atomwaffen abgeschworen hat und formulierte davon ausgehend eine weltweit gültige Friedensbotschaft. Grundlegend sei, so der Papst, "die Überzeugung, dass Konflikte nicht mit Waffengewalt, sondern mit friedlichen Mitteln gelöst werden sollten". Das russische Wort "mir" (Frieden) bildete denn auch den Roten Faden seiner Begrüßungsansprache - der ersten auf Russisch gehaltenen Papstrede bei einer Auslandsreise. Acht Mal benutzte Johannes Paul II. die Begriffe Frieden oder friedliches Zusammenleben, wobei er das im jungen Staat Kasachstan bislang erfolgreiche Miteinander der unterschiedlichen Volksgruppen und Glaubensgemeinschaften als vorbildlich lobte.

Besondere Betonung legte der Papst auf den Dialog mit dem Islam und den Respekt für dessen Glauben und Kultur. Kasachstan kann nicht als "islamisches" Land betrachtet werden, auch wenn rund die Hälfte der Bevölkerung nominell der islamischen Glaubensgemeinschaft angehört (an zweiter Stelle folgt die russisch-orthodoxe Kirche). Viele Menschen in dem postsowjetischen Land sind nach wie vor de facto religionslos.

Eindringlich plädierte Johannes Paul II. für die Religionsfreiheit und den gegenseitigen, tiefen Respekt der Glaubenden als Grundlage für ein friedliches Zusammenleben und beschwor das "Bewusstsein, dass wir Kinder des einzigen Schöpfergottes und deshalb Geschwister sind".

Das religiöse Oberhaupt der Muslime in Kasachstan, Groß-Mufti Absattar Derbassaliew, unterstrich durch seine Anwesenheit den besondere Bedeutung, die auch die islamische Gemeinschaft dem Papstbesuch beimisst. Der hohe Geistliche war abweichend vom geplanten Protokoll zum Flughafen gekommen, um den Papst mit begrüßen zu können und setzte damit ein Zeichen des Respekts in einer schwierigen Zeit. Das kasachische Fernsehen strahlte zum Papstbesuch zusätzlich eine Grußbotschaft des Groß-Mufti aus.

Kathpress
22. september 2001

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