Noch fehlen die Patriarchen von Belgrad und von Moskau

Bei der Seligsprechung von drei bulgarischen Märtyrerpriestern hat Johannes Paul II. am letzten Tag seiner Reise nach Azerbaidschan und Bulgarien wiederum einen ökumenischen Durchbruch erzielt

«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel

Sofia, 26.5.02 (KAP) Bei der Seligsprechung von drei bulgarischen Märtyrerpriestern, die vor 50 Jahren nach stalinistischen Schauprozessen in Sofia erschossen worden waren, hat Johannes Paul II. am letzten Tag seiner Reise nach Azerbaidschan und Bulgarien einen ökumenischen Durchbruch erzielt. In der Katholiken-Hochburg Plowdiw feierte er auf dem zentralen Platz der Stadt einen Gottesdienst vor über 50.000 Menschen, bei dem auch der orthodoxe Metropolit der Stadt, Erzbischof Arsenij, anwesend war.

Dies war wegen der historisch gewachsenen, engen Verbundenheit der bulgarischen Orthodoxie mit dem nicht gerade Rom-freundlichen Moskauer Patriarchat bemerkenswert. Noch am Freitag hatte der bulgarisch-orthodoxe Patriarch Maksim den Papst eher reserviert empfangen. Und am Donnerstag hatte 2.000 Kilometer weiter östlich in Baku der dortige russisch-orthodoxe Bischof den Gast aus Rom zwar begrüßt, war aber dem Papstgottesdienst ferngeblieben.

Umso erfreuter war der Papst über die Geste Arsenijs. Als «Vorgeschmack der Freude der vollen Einheit, wenn es uns geschenkt sein wird, gemeinsam die Eucharistie zu feiern», wertete der Papst das Erscheinen seines orthodoxen Bruders im Bischofsamt zu der Feier. Unter dem Beifall der Menschenmenge ehrte der Papst in seiner Predigt neben den drei neuen katholischen Märtyrern Kamen Witschew, Pawel Dschidschow und Josafat Schischkow aus dem Assumptionisten-Orden auch die zahlreichen Märtyrer aus den Rängen der orthodoxen Kirche, die dem stalinistischen Terror zum Opfer fielen.

2.700 Hingerichtete und 100.000 KZ-Insassen: Das war die blutige Bilanz des bulgarischen Kommunismus in den 50er Jahren. Wenn sowohl Katholiken als auch Orthodoxe unter den Opfern waren, ist dies für den Papst, der selbst so viel zur Überwindung dieser Diktatur in Osteuropa beigetragen hat, der unwiderlegbare Beweis dafür, dass das gemeinsame christliche Zeugnis stärker ist als das Trennende.

Mit dem Rückgriff auf die Märtyrer des 20. Jahrhunderts, der bei der Serie der päpstlichen Ost-Reisen ein häufig wiederkehrendes Thema ist, verband der Papst die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die selbstlosen Märtyrer sollten Modelle für die Christen von heute sein, betonte der Papst und rief die drei katholischen Bischöfe des mehrheitlichen orthodoxen Landes auf, ernstlich über die erneute Gründung eines eigenen Priesterseminars nachzudenken.

Schon vor dem Abschlusstag seiner Reise hatte der Papst die Herzen vieler Bulgaren für sich gewonnen. Als er am Samstag nach dem herzlichen Empfang durch die orthodoxen Mönche des Rila-Klosters nachmittags in der Innenstadt von Sofia die katholische Kathedrale besuchte, wurden ihm die Kinder gleich reihenweise zum Segnen ans Papamobil gebracht.

In einer repräsentativen Umfrage äußerten sich in Sofia 42 Prozent der Befragten zustimmend zum Papstbesuch, 29 Prozent zeigten sich neugierig und ganze vier Prozent bekundeten Ablehnung. Und Regierungschef Simeon Sakskoburgotski zeigte sich vor allem darüber erfreut, dass der Papst in einer Rede für Bulgarien einen Platz in Europa forderte. Er nannte die Papstreise eine «Schub» für die angestrebte Aufnahme seines Landes in die EU.

Das Eis gebrochen hat der Johannes Paul II. offenbar vor allem durch seine überraschende «Generalabsolution» an das bulgarische Volk im Zusammenhang mit dem Papstattentat von 1981. Nach Johannes XXIII., der in seiner Zeit als Apostolischer Delegat in Sofia die Bulgaren in sein Herz schloss und dessen Andenken dort bis heute gepflegt wird, scheint nun auch der polnische Papst zu Bulgarien eine besonders herzliche Beziehung angeknüpft zu haben.

Viele Herzen geöffnet

Mit seinen ökumenischen sowie interreligiösen Dialogangeboten hatte der Papst bereits zum Auftakt seiner insgesamt fünftägigen Reise in Azerbaidschan Sympathien gewonnen. In der Hauptstadt Baku begeisterte er viele tausend Menschen - und das bei einer katholischen Präsenz von knapp 150 Seelen. In der von kriegerischen Konflikten umgebenen Kaukasus-Republik war es vor allem der dramatische Friedensappell des Papstes und sein Einsatz für die Flüchtlinge, der ihm die Herzen öffnete.

Angesichts der Erfolge in Baku, Sofia, Rila und Plowdiw gehen Vatikankreise davon aus, dass der 82-jährige trotz seines Gesundheitszustandes weitere Reisen unternehmen will und dass niemand ihm dies ausreden kann. Der Papst, so heißt es aus seiner Umgebung, sei verärgert über die immer neuen Rücktrittsspekulationen und freue sich über die Zustimmung, die er bei seinen Reisen erfahre.

Allerdings werden weitere Anpassungen der Reiseprogramme an die körperliche Schwäche nicht ausgeschlossen. Dass Johannes Paul II. selbst kleinere Strecken nicht mehr zu Fuß zurücklegt, ist schon jetzt ebenso «normal» wie das Verlesen längerer Textpassagen seiner Ansprachen durch Assistenten.

Bei künftigen Reisen werden vermutlich die Ruhepausen noch weiter verlängert und die Zahl der zu absolvierenden Termine weiter reduziert werden müssen. Die Kraft der Worte des Papstes, die tiefe Symbolik seiner Gesten und seine Anziehungskraft auf die Menschenmengen wird dadurch jedoch nicht geringer.

Für weitere Papstreisen spricht ferner die Tatsache, dass die Verwirklichung der Vision Johannes Pauls II. von einer Annäherung zwischen Ost- und Westkirche weiterhin unvollendet ist. Zwar hat er in seiner 1999 mit dem Besuch in Rumänien begonnenen Serie von Reisen zu den östlichen Schwesterkirchen viel erreicht. Doch noch immer fehlen die Patriarchen von Belgrad und von Moskau in der Reihe der Begegnungen mit den Kirchenführern des Ostens.

Kathpress
26. mai 2002

av Webmaster publisert 27.05.2002, sist endret 27.05.2002 - 13:56