Wechsel in eine andere Welt

Johannes Paul II. fährt vom Weltjugendtag in Kanada in die Krisenregion Lateinamerika

«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko

Toronto, 29.7.02 (KAP) Die Reise zum katholischen Weltjugendtag war für Papst Johannes Paul II. «Pflichtprogramm». Immerhin handelt es sich bei den in der Regel alle zwei Jahre stattfindenden Treffen um eine der erfolgreichsten Initiativen seines Pontifikats, um eine «Investition» in die Zukunft der Kirche. Und die Teilnahme von zuletzt 750.000 Menschen im kanadischen Toronto hat angesichts von Terrorangst und weiten Wegen die Erwartungen übertroffen.

Dass Johannes Paul II. daran noch eine strapaziöse Reise nach Guatemala und Mexiko anhängt, ist eher «Kür», denn die dort geplanten Heilig- und Seligsprechungen hätte er auch in Rom vornehmen können. Seine Entscheidung unterstreicht aber die Bedeutung, die er Lateinamerika und dessen Kirche beimisst. Denn der katholische Kontinent bedarf wegen seiner drängenden Probleme heute mehr denn je der Solidarität der Weltkirche und des Papstes.

Die Reise von der modernen Metropole Toronto nach Lateinamerika mit seinen krassen Gegensätzen von Arm und Reich ist wie der Wechsel in eine andere Welt. Zwar wird die Begeisterung für den Papst mindestens so groß sein wie bei den Jugendlichen in Toronto. Vor allem die Heiligsprechung des in ganz Lateinamerika verehrten indianischen Sehers von Guadalupe, Juan Diego, die am Mittwoch in Mexiko den krönenden Abschluss der Papstreise bilden soll, lässt noch eine Steigerung und noch größere Teilnehmerzahlen erwarten. Aber der Jubel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Kirche in Lateinamerika schwer tut, den Vormarsch finanzstarker protestantisch-fundamentalistischer Sekten aufzuhalten. Das gilt besonders für Guatemala, wo in den sechziger Jahren fast die gesamte Bevölkerung katholisch war, es heute aber weniger als 80 Prozent sind. Freilich mag das auch mit dem langdauernden Bürgerkrieg und den dort sichtbar gewordenen globalpolitischen Interessen zusammenhängen.

Auch viele Indios finden in der katholischen Kirche nicht mehr ihre Heimat. Vor diesem Hintergrund ist die Heiligsprechung von Juan Diego im mexikanischen Wallfahrtsort Guadalupe vor allem ein Zeichen der Wertschätzung der Kirche für die Urbevölkerung. Johannes Paul II. unterstreicht mit der Aufnahme eines Indios in die Schar der Heiligen die Gleichberechtigung dieser Bevölkerungsgruppe. Für die Kirche ist es zugleich ein Vorstoß zur Neuevangelisierung in einem Kontinent, dessen gesellschaftliche Konflikte auch nach dem Ende von Guerilla-Kriegen und Militär-Diktaturen noch immer virulent sind.

Guatemala ist zum dritten Mal Besuchsziel des Papstes. Bei seiner letzten Reise im Frühjahr 1996 stand das Land kurz vor dem Friedensvertrag, der den 36-jährigen und damit längsten und blutigsten Bürgerkrieg Zentralamerikas mit 100.000 Toten und mehr als 40.000 «Verschwundenen» beendete. Aber der Friedensprozess kommt nur schleppend voran. Das Land ist von einer echten Aussöhnung und Befriedung noch weit entfernt. Wirtschaftliches Missmanagement, Korruption, allzu langsame Reformen, vor allem aber die hohe Gewaltrate behindern Entwicklung und Fortschritt. Zwar versucht eine «Wahrheitskommission» nach dem Vorbild Südafrikas die dunkle Vergangenheit aufzuarbeiten und Menschenrechtsverletzungen aus den Bürgerkriegsjahren aufzuklären. Aber die Gerichte tun sich oft schwer mit der Ermittlung, Verfahren werden versiebt, Zeugen eingeschüchtert oder ermordet, wie im April 1998 Bischof Juan Gerardi.

Der Höhepunkt des Papstbesuchs in Guatemala ist am Dienstag die Heiligsprechung des Ordensgründers Pedro de San Jose de Betancur (1626-1667). Mit seiner Heiligsprechung bekräftigt die Kirche ihre «Option für die Armen», und ihren Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit.

Kathpress
29. juli 2002

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