Keine Legalisierung aktiver Sterbehilfe in Ungarn

Budapest, 29.4.03 (KAP) Der ungarische Verfassungsgerichtshof hat sich gegen eine Liberalisierung der Sterbehilfe ausgesprochen. Die aktuelle Situation sei nicht verfassungswidrig, erklärte Gerichtspräsident Janos Nemeth in Budapest. Seit 1997 erlaubt ein Gesetz in Ungarn unheilbar Kranken, lebensverlängernde medizinische Maßnahmen abzulehnen.

Die Euthanasie-Debatte spaltet Ungarn seit 1993. Damals ertränkte eine Mutter ihre elfjährige Tochter, die an einer unheilbaren Krankheit litt. Zuerst wurde sie zu zwei Jahren Haft verurteilt, die Strafe wurde dann aber auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. 1995 hob der Oberste Gerichtshof diese Entscheidung auf und verurteilte die Mutter erneut zu einer zweijährigen Strafe wegen Mordes. Der damalige ungarische Präsident Arpad Göncz begnadigte die Frau, die dadurch ihre Strafe nicht antreten musste. Bei einer Umfrage im Jänner sprachen sich zwei Drittel der Ungarn für eine Legalisierung der Sterbehilfe aus.

Kirchen begrüßen Nein zu Sterbehilfe

Die ungarischen Kirchen haben einhellig das Nein des Verfassungsgerichtes ihres Landes zur aktiven Sterbehilfe begrüßt. Der katholische Erzbischof von Kalocsa, Balasz Babel, sagte vor Journalisten, die Kirche habe immer klar ihre entschiedene Ablehnung gegen jede Form aktiver Euthanasie bezeugt. Das Urteil des Verfassungsgerichts sei ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Menschenwürde. Die christlichen Kirchen hätten zehn Jahre auf diesen Entscheid gewartet. Der reformierte Bischof Gusztav Bölcskei und ein Sprecher der lutherischen Kirche äußerten sich ebenso erfreut über das Urteil wie der Rabbiner Robert Fröhlich.

In der von Gerichtspräsident Janos Nemeth verkündeten einstimmigen Entscheidung hieß es, das Recht auf Leben sei wichtiger als das Recht auf Würde, das eingeschränkt werden könne. Darüber hinaus hätten die Richter internationale Erfahrungen zu dem Thema berücksichtigt. Lediglich die Niederlande, Belgien und der US-Staat Oregon erlaubten derzeit eine aktive Sterbehilfe.

Die Richter bestätigten ferner ein Gesetz aus dem Jahr 1997, das unheilbar kranken Patienten unter strengen Auflagen das Recht gibt, eine medizinische Behandlung abzulehnen. Dazu muss ein dreiköpfiges Ärzteteam entscheiden, ob ein Patient ohne Behandlung binnen kurzer Zeit sterben würde. Der Patient muss daraufhin seinen Wunsch, die Behandlung abzubrechen, innerhalb von drei Tagen nach der Entscheidung der Ärzte vor zwei Zeugen wiederholen. Die Verfassungsrichter wiesen auf die Gefahr hin, dass Dritte die Entscheidung des Patienten möglicherweise zu ihren Gunsten zu beeinflussen versuchen könnten.

Kathpress
29. april 2003