Auch nach Kriegsende predigt der Papst den Frieden

Rund 500.000 spanische Jugendliche umjubelten in Madrid Johannes Paul II

«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel

Madrid, 4.5.03 (KAP) Die Schicksalsfrage von Krieg und Frieden ist für Papst Johannes Paul II. auch nach dem offiziellen Ende des Irak-Kriegs nicht erledigt. Vor etwa 500.000 jungen Leuten aus allen Teilen Spaniens forderte der Papst am Samstagabend eine Schlüsselrolle für Europa bei der Schaffung einer friedlichen Weltordnung. Er rief die Jugendlichen auf, ein «neues Europa des Geistes» aufzubauen, das im Bewusstsein seiner christlichen Wurzeln offen für den Dialog und die Zusammenarbeit unter den Völkern sein solle.

In einer unübersehbaren Anspielung auf den selbst gesteckten moralischen Anspruch der Supermacht USA formulierte der Papst eine deutliche Forderung für die künftige Rolle Europas in der Welt. Das neue Europa müsse für die Menschheit ein «Leuchtturm der Zivilisation und ein Anstoß zum Fortschritt» sein. Und vor dem Hintergrund der im Irak-Konflikt gespaltenen europäischen Außenpolitik forderte der Papst, der Kontinent müsse «seine Kräfte und seine Kreativität für den Dienst am Frieden unter den Völkern mit Entschlossenheit einen». Er beschwor die Jugendlichen, durch ihr Leben zu beweisen, dass man die eigenen Ideen nur vorschlagen, sie aber niemals anderen Menschen mit Gewalt aufzwingen könne.

Die in überraschend großer Zahl zum Papst geströmten Jugendlichen - die Erwartungen der Veranstalter wurden um das Doppelte übertroffen - bedachten die Worte des Papstes mit immer neuen Beifallsovationen. Das 82-jährige Kirchenoberhaupt wirkte trotz der Reisestrapazen frisch und sprach mit deutlicher und kämpferischer Stimme. Seine begeisterten Zuhörer hatten seit den Mittagsstunden in zeitweise sengender Sonne auf dem Flugfeld von Cuatro Vientos, einem riesigen Freigelände außerhalb der Stadt, ausgeharrt, um Johannes Paul II. zu erleben.

Der Papst war zuvor mit Regierungschef Jose Maria Aznar zu einer Unterredung zusammengetroffen. Aznar wollte offenbar die Gelegenheit nutzen, um sich an der Seite des umjubelten Papstes zu zeigen. Die Popularität des Premiers hat in den letzten Monaten nach der Ölkatastrophe in Galicien und durch seine pro-amerikanische Position im Irak-Konflikt gelitten. Seine Regierungspartei «Partido Popular» ist auf die Stimmen ihrer katholischen Stammwählerschaft dringend angewiesen, wenn sie bei den nächsten Wahlen noch eine Chance haben will. Aznar hatte wenige Wochen vor Ausbruch des Golfkriegs bei einer Vatikan-Visite von einer «Konvergenz» mit den Ansichten des Papstes gesprochen. Unter den Alliierten der USA setzte er sich am deutlichsten für eine stärkere Rolle der UNO ein, doch eine echte Brückenfunktion konnte er damals ebenso wenig übernehmen wie der britische Premier Tony Blair.

Dass es zwischen Aznar und Johannes Paul II. trotz der Meinungsverschiedenheiten in der Kriegsfrage weiterhin ein hohes Maß an Übereinstimmung gibt, deutete der Papst bereits in seiner Begrüßungsrede am Madrider Flughafen an. Mit ungewohnter Klarheit stellte er dem wirtschaftlichen Fortschritt, den Spanien unter Aznar gemacht hat, ein rundum gutes Zeugnis aus: «Mit Befriedigung» nehme er Spaniens Fortschritt in Richtung eines «Wohlstands für alle» wahr, sagte er.

Dass die materiellen Verbesserungen nicht auf Kosten der religiösen und moralischen Werte gehen, gehört zu den großen Sorgen des Papstes bei seinem fünften Spanien-Besuch. Deshalb widmete er weite Teile seiner Rede an die Jugendlichen einer Renaissance der Spiritualität. Das Fehlen der Dimension der Innerlichkeit sei das «Drama der derzeitigen Kultur», mahnte er. Denn ohne geistlichen Inhalt sei die Kultur wie ein Körper ohne Seele.

Kathpress
4. mai 2003

av Webmaster publisert 04.05.2003, sist endret 04.05.2003 - 13:18