Vor 25 Jahren starb der Konzils- und Friedenspapst Paul VI.

Paul VI. wurde als Konzilspapst geehrt, als Verfasser der Sozialenzyklika «Populorum progressio» bewundert und als «Pillen-Paul» verhöhnt

«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko

Vatikanstadt, 4.8.03 (KAP) Vor 25 Jahren - am 6. August 1978 - starb Papst Paul VI. nach 15-jährigem Pontifikat im Alter von 80 Jahren in seinem Sommersitz Castel Gandolfo. Er wurde als Konzilspapst geehrt, als Verfasser der Sozialenzyklika «Populorum progressio» bewundert und wegen der Enzyklika «Humanae vitae» als «Pillen-Paul» verhöhnt. Als erster Papst der Moderne unternahm Paul VI. (1963-78) Auslandsreisen. In Jerusalem traf er nach 900 Jahren Kirchenspaltung den orthodoxen Patriarchen Athenagoras und setzte einen ökumenischen Neuanfang. Seine Rede vor der UNO war ein Meilenstein, seine Gelehrsamkeit und sein diplomatisches Geschick sprichwörtlich, ebenso sein Zaudern und seine menschlich zurückhaltende Art.

Der Alarm begann sonntags um die Mittagszeit. Papst Paul VI. sagte das für ihn so wichtige Angelus-Gebet mit den Gläubigen aus aller Welt ab. Ein Indiz, dass der Gesundheitszustand des Papstes sehr ernst sein musste. Vier Tage zuvor hatte er noch im Innenhof der Papstvilla oberhalb des Albaner Sees die Generalaudienz abgehalten. Am Tag darauf empfing er Italiens damaligen Staatspräsidenten Sandro Pertini zum Mittagessen. Aber dann bekam er plötzlich Fieber. Zwei Tage lang litt der Montini-Papst, umgeben von Ärzten und engen Mitarbeitern, die mit ihm beteten. Das Fieber stieg, der Blutdruck sank, eine Herzattacke sollte er nicht überleben. «Am Sonntag, den 6. August, um 21.40 Uhr entschlief Papst Paul VI. im Frieden des Herrn», teilte der Vatikan der Welt mit.

Schon seit längerem hatte Paul VI. gekränkelt. Vor seiner Abreise nach Castel Gandolfo Mitte Juli 1978 hatte er Todesahnungen: «Wir wissen nicht, ob wir zurückkommen. Und wie Wir zurückkommen», sagte er seinem «Innenminister», Erzbischof Giuseppe Caprio.

Kommentatoren würdigten die Klugheit und Umsicht, wie Paul VI. das von Johannes XXIII. eröffnete Konzil weitergeführt und die Kirche in der schwierigen Umbruchszeit geleitet hatte. Wie er den Dialog mit der Welt förderte und auf seinen Auslandsreisen für Frieden und Menschenrechte eintrat. Wie er mit einer vatikanischen «Ostpolitik» der Kirche hinter dem Eisernen Vorhang das Überleben ermöglichen wollte.

Im Vatikan trafen Beileidsschreiben aus aller Welt ein. Der Leichnam des toten Papstes wurde zunächst in Castel Gandolfo und dann im Petersdom aufgebahrt. Hunderttausende defilierten am schlichten Holzsarg vorbei. Sechs Tage nach dem Tod fanden die Beisetzungsfeierlichkeiten statt. Die Messe zelebrierte der bereits 85-jährige Kardinal-Dekan Carlo Confalonieri - und imponierte einem Millionenpublikum. So bescheiden wie sein Leben sollte sein Grab sein: Paul VI. fand seine letzte Ruhestätte in einem schlichten Erdgrab in den Grotten des Petersdoms.

Anlässlich des 40. Jahrestages der Wahl des Montini-Papstes lobte dessen Nachnachfolger Johannes Paul II. vor wenigen Wochen die Verdienste Pauls VI. Er habe für die Kirche «die Öffnung zur Welt» gesucht, «ohne einer falschen Anpassung an den 'Geist der Welt' zu erliegen». Geprägt vom Zweiten Vatikanischen Konzil habe der Papst die Kirche geliebt, für ihre Einheit gearbeitet und ihr missionarisches Engagement intensiviert. Seine Enzykliken und Botschaften seien «wegweisend für die Kirche unserer Tage». Ausdrücklich verwies Johannes Paul II. dabei auch auf die Enzyklika «Humanae vitae» zum Lebensschutz. Dieses Lehrschreiben im bewegten Jahr 1968 hatten dem Papst und der Kirche Kritik und Attacken eingebracht wie selten eine römische Äußerung. Paul VI. hat an dieser Resonanz und den Anfeindungen gelitten, ebenso an den sich damals häufenden Laisierungsgesuchen von Priestern.

Welche physische und psychische Belastung das Petrus-Amt darstellt, erlebte die Welt an seinem Nachfolger. Johannes Paul I., der 20 Tage nach dem Tod Paul VI. gewählt wurde und als der «lächelnde Papst» in die Geschichte einging, war der Bürde nicht gewachsen. Er starb nach 33 Tagen an Überforderung. Für den Montini-Papst wurde 1993 der Seligsprechungsprozess eingeleitet.

Kathpress
4. august 2003

av Webmaster publisert 08.09.2003, sist endret 08.09.2003 - 15:27