Moskau: Geläut des Daniels-Klosters soll aus USA zurückkehren

Es war 1930 von den Sowjets verkauft worden und befindet sich derzeit in der Harvard-Universität

Moskau, 11.3.04 (KAP) Das historische Geläut des Moskauer Daniels-Klosters soll aus den USA zurückgebracht werden. Der Moskauer Patriarch Aleksij II. rief am Donnerstag in einem Schreiben die russisch-orthodoxen Gläubigen in aller Welt dazu auf, das Projekt finanziell zu unterstützen. Die 18 Glocken - mehrere von ihnen wurden bereits im 17. Jahrhundert gegossen - waren von der Sowjetregierung 1930 verkauft worden. Sie befinden sich heute im Lowell House der Harvard-Universität in den USA. Laut Aleksij ist die Universität nun bereit, die Glocken zurück zu geben, wenn sie sie durch neue ersetzt bekommt.

Der Patriarch betont, das Geläut sei ein außergewöhnlicher kultureller und religiöser Schatz Russlands. Das Daniels-Kloster sei «ein Jahrhunderte altes Bollwerk des Glaubens des russischen Volkes». Die Rückkehr der Glocken werde ein «historischer Augenblick im Leben der russischen Kirche und des Staates» sein. Sie sei ein wichtiger Schritt in der «geistlichen Erneuerung» des russischen Volkes, das zu seinen christlichen Wurzeln zurückkehre.

Das Daniels-Kloster aus dem 13. Jahrhundert ist seit 1988 ständiger Sitz des Moskauer Patriarchen und des Heiligen Synods der russischen Orthodoxie. Davor war es über Jahrhunderte eines der zentralen Klöster der russischen Kirche. Gegründet wurde es von Fürst Daniil, Sohn des Heiligen Aleksander Newskij und Gründer der Zarendynastie, die den Grundstein zum einheitlichen russischen Staat legte; es war das erste Kloster in Moskau. Der Fürst selbst baute es zu einem geistlichen Zentrum aus. Kurz vor dem Tode wurde Daniil selbst Mönch und ließ sich per Testament nicht in der Kathedrale, sondern auf dem Friedhof neben den Mönchen beerdigen. Nach dem Tod des Gründers durchlebte das Kloster eine sehr wechselvolle Geschichte.

Erst im 19. Jahrhundert begann die neue Blütezeit des Daniels-Klosters. Auf dem Klostergelände befindet sich auch der einmalige Danilowskij-Friedhof, auf dem hervorragende Persönlichkeiten der russischen Kultur beerdigt wurden. Dazu gehörten der Schriftsteller Nikolaj Gogol und der Gründer des Moskauer Konservatoriums, Nikolaj Rubinstein. 1930 wurde das Kloster als letztes in Moskau endgültig geschlossen. Die Mönche wurden verhaftet, mehr als 50 von ihnen hingerichtet. Die Gebäude und auch der Friedhof wurden zerstört, die Leichname bekannter Persönlichkeiten umgebettet.

Auf dem Klostergelände wurden u.a. eine Regenschirm-Fabrik und ein Untersuchungsgefängnis errichtet. 1982 wandte sich der damalige Patriarch Pimen an die sowjetische Regierung mit der Bitte, der Kirche eines der Moskauer Klöster zurückzugeben, um dort ein administratives Zentrum der russisch-orthodoxen Kirche zu errichten. Die Bitte des Patriarchen erfolgte im Blick auf das 1.000-Jahr-Jubiläum der Christianisierung Russlands, das 1988 gefeiert wurde. Pimen wählte aus einer Liste das Daniels-Kloster aus, obwohl es völlig desolat und mehr als andere verwüstet war und einer Müllhalde glich. Als erstes Moskauer Kloster gegründet, sollte das Daniels-Kloster auch als erstes wieder zum Leben erweckt werden.

Mit Hilfe von Spenden und vielen unentgeltlichen Arbeitseinsätzen von Gläubigen wurde das Kloster renoviert. 1986 wurde die Dreifaltigkeitskirche wieder eingeweiht. Gleichzeitig kam ein erster Teil der Reliquien des heiligen Fürsten Daniil ins Kloster zurück, die nach der Schließung 1930 als verschollen galten. 1995 wurden dem Kloster Teile der Reliquien übergeben, die jahrelang der bekannte russische Wissenschaftler Dmitrij Lichatschow aufbewahrt hatte. Die Rückkehr des Geläutes soll ein weiterer wichtiger Schritt der Wiederbelebung des Klosters sein.

Kathpress
11. mars 2004

av Webmaster publisert 30.03.2004, sist endret 30.03.2004 - 00:06