«Ein Hollywood-Streifen ist kein Film der Bischofskonferenz»

Wiener Dompfarrer Faber verteidigt Gibson-Film «Die Passion Christi» - Kontroversielle Diskussion in der TV-Reihe «philosophicum»

Wien, 26.3.04 (KAP) Als eine Chance für die Kirche, mit den Menschen über Jesus «missionarisch» ins Gespräch zu kommen, hat der Wiener Dompfarrer Anton Faber den Film «Die Passion Christi» bezeichnet. Es handle sich um einen «Hollywood-Film» über das Leiden Christi, an den nicht derselbe Maßstab angelegt werde dürfe wie an einen kirchlichen Verkündigungs-Film, so Faber am Dienstagabend in der TV-Diskussion «philosophicum». «Man sollte einen Hollywood-Film nicht mit einer Bibeldokumentation verwechseln, die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegeben wurde», so Faber.

Dass sich so viele Menschen den Gibson-Film ansehen, ist für ihn als Priester eine Chance, mit Menschen über Jesus ins Gespräch zu kommen, sagte der Wiener Dompfarrer. Dabei würden nicht die brutalen Gewaltszenen das Hauptthema sein, sondern die Frage, welches Ziel Jesus mit den Menschen hatte, wenn er bereit war, so viel Leid für sie auf sich zu nehmen. Und die Folter und die Kreuzigung Jesu würden in Wirklichkeit «kaum weniger blutig» und gewalttätig vor sich gegangen sein als der Gibson-Streifen zeigt, so Faber.

Was in dem Film «nachgespielt» werde, sind in den Augen Fabers Erfahrungen, die auch in den Evangelien nachzulesen seien. Anstatt akribische Exegesen zu betreiben, sollte man den Film einfach als Hollywood-Streifen sehen, der den biblischen Befund nicht außer acht lasse, «in diesem Bachbett drinnen» bleibe, so Faber. Wenn er am Freitag im Stephansdom den Kreuzweg bete, dann zitiere auch er Texte, die man «mit der selben Berechtigung historisch-kritisch niedermetzeln könnte».

Heftige Kritik an dem Gibson-Film übte dagegen der evangelische Theologe Ulrich Körtner, der den Streifen als ein «Machwerk» abqualifizierte. Er habe während des Films «keine Minute lang irgend religiöses Gefühl gehabt», so Körtner. Es handle sich um eine «Eskalation von Gewalt», dem Film fehle die «spirituelle Tiefe». Es komme nur der Teufel vor, Gott hingegen nicht. Körtner warf Gibson auch einen unsachgemäßen Umgang mit der Bibel vor.

Die jüdische Theologin Ruth Lapide kritisierte, dass der Film nicht deutlich mache, dass Jesus sein Leben «freiwillig» hingegeben habe. Stattdessen werde die Schuld für den Tod Jesu - so Lapide - «auf die Juden geschoben». Dabei müssten die Christen eigentlich «dankbar» sein, dass Jesus sich freiwillig hingegeben habe, weil es sonst gar keine christliche Religion gäbe.

Der katholische Theologe und Filmexperte Reinhold Zwick aus Münster meinte, dass der Film für sehr «fromme» Menschen, die mit Kreuzweg-Andachten und Rosenkranz aufgewachsen sind, durchaus ein spirituelles Ereignis sein könne. Für alle anderen sei der Film ein «entsetzliches Gemetzel», das vom christlichen Glauben eher entfremde als hinführe. Als einen «Humbug» bezeichnete Zwick die in der Werbung behauptete historische Authentizität. Zudem gehe der Film so «naiv» mit der Bibel um, als hätte es nie eine Bibelwissenschaft gegeben, die den Weg zur Wahrheit «erst anbahnt». Dem Film liege eine mittelalterliche Frömmigkeit zu Grunde, die in Europa «Gott sei Dank» nicht so ankomme wie im evangelikalen Amerika.

Kathpress
26. mars 2004

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