Kardinal Scola verteidigt Biomedizin-Gesetz

Der Patriarch von Venedig, Kardinal Angelo Scola, hat das italienische Gesetz über die künstliche Befruchtung (Biomedizin-Gesetz) verteidigt. "Das Gesetz gefällt uns nicht, und es ist auch kein katholisches Gesetz, aber es hat in kurzer Zeit Ordnung geschaffen", sagte der Patriarch in einem Fernsehinterview. Die Bürger Italiens werden am 12./13. Juni in einem Referendum darüber abstimmen, ob das Gesetz modifiziert werden soll.

Im italienischen Parlament war das Gesetz von einer "transversalen Koalition" katholischer Abgeordneter aus unterschiedlichen Lagern durchgebracht worden. Hinter dem Referendum stehen laizistische Kräfte, die eine weitgehende "Liberalisierung" wünschen. Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz (CEI), Kardinal Camillo Ruini, spricht sich für massive Wahlenthaltung der Katholiken aus, um das Referendum durch Verfehlen des Quorums zu Fall zu bringen.

200 Mediziner für Nichtbeteiligung

Ein "Ärzte-Manifest für die Nichtbeteiligung am Referendum" (über das italienische Biomedizingesetz) wurde am Mittwoch in Rom der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Manifest wird von 200 führenden Medizinern Italiens unterstützt. Prof. Luigi Frati, Präses der ersten medizinischen Fakultät der staatlichen römischen Universität "La Sapienza", sagte bei der Pressekonferenz, die Mediziner betrachteten es als ihre Pflicht, für den Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis an und für die Wahrheit über die derzeitige Situation der wissenschaftlichen Forschung Zeugnis abzulegen.

Prof. Frati unterstrich, dass die Haltung der Mediziner nicht religiös oder ethisch, sondern wissenschaftlich begründet sei. Von der Empfängnis bis zum Tod werde die Entwicklung des menschlichen Organismus von Informationen und Mechanismen bestimmt, die während der ganzen Lebenszeit substanziell gleich bleiben. Vom biologischen Standpunkt gebe es keinerlei "Diskontinuität" im Entwicklungsprozess des Individuums. Daher dürfe auch der Embryo nicht "benützt, manipuliert oder vernichtet" werden.

Von den ersten Augenblicken seiner Existenz an sei der menschliche Embryo Träger aller fundamentalen biologischen Informationen. Der Mechanismus der Vereinigung von Ei- und Samenzelle ergebe ein "einmaliges, von allen anderen unterschiedenes und ausschließliches Erbgut". Daraus resultiere die Anerkennung der Individualität des Embryos und seine absolute Unantastbarkeit, so Prof. Frati und seine Kollegen. Auch in seinen ersten Phasen könne man den Embryo nicht als "Zellhaufen" ansehen, niemand könne daher sein "Eigentümer" sein oder das Recht haben, ihn zu zerstören.

Außerdem erinnern die italienischen Mediziner daran, dass es bisher nirgends in der Welt gelungen sei, embryonale Stammzellen therapeutisch zu nutzen.

"Vor allem das Leben"

Die italienischen Kirchenzeitungen (insgesamt 150 Titel mit einer Gesamtauflage von fast einer Million Stück) haben im Hinblick auf das Referendum über das Gesetz Nr. 40/04 über die künstliche Befruchtung eine gemeinsame Sonderbeilage unter dem Titel "Vor allem das Leben" herausgebracht. Über das Leben könne nicht abgestimmt werden, betont der Präsident der Föderation der Kirchenzeitungen (FISC), Giorgio Zucchelli. Das gelte auch für den Embryo. Daher werde den Lesern der Kirchenzeitungen vorgeschlagen, nicht am Referendum teilzunehmen, weil dieses Instrument für Materien ungeeignet sei, über die man nicht abstimmen könne.

KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste) (8. juni 2005)