Armenien: Papst betet am Denkmal für Genozid-Opfer

Welt leidet bis heute unter "unmenschlichen Verirrungen" - Gedenktafel für Papst Benedikt XV.

Jerewan, 26.9.01 (KAP) Papst Johannes Paul II. hat an seinem zweiten Besuchstag in Armenien für die 1,5 Millionen Opfer des Genozids an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs gebetet. Bei einer Gedenkfeier am Tsitsernakaberd-Denkmal in der Hauptstadt Jerewan sprach er ein eindringliches Gebet für die Opfer des von der jungtürkischen Regierung des "Komitees für Einheit und Fortschritt" verübten Völkermordes; von 1915 bis 1922 waren rund zwei Drittel der damals im Osmanischen Reich ansässigen armenischen Bevölkerung der Verfolgung zum Opfer gefallen. "Möge Gott in seiner Liebe die noch offenen Wunden heilen", sagte der Papst.

Gemeinsam mit dem armenischen Katholikos-Patriarchen Karekin II. war Johannes Paul II. zu dem Mahnmal am Rand von Jerewan gefahren. An der Ewigen Flamme, die inmitten des halboffenen, aus zwölf großen, geneigten Betonplatten bestehenden Denkmals brennt, legte er eine rote Rose nieder. "Zutiefst erschüttert von der früchterlichen Gewalt gegen das armenische Volk fragen wir uns mit Schrecken, wieso die Welt weiterhin solche unmmenschlichen Verirrungen kennt", so der Papst in seinem Gebet: "Möge Gott die Tränen in den Augen trocknen und dafür sorgen, dass an die Stelle der Agonie des 20. Jahrhundert Früchte eines dauerhaftes Lebens treten".

Zum Abschluss der halbstündigen Gedenkfeier spendeten Papst und Katholikos gemeinsam den Segen. Zuvor sang der französisch-armenische Chansonnier Charles Aznavour ein "Ave Maria". Im Anschluss an den Gottesdienst segnete Johannes Paul II. einen kleinen Baum, der im Garten um das Monument in Erinnerung an den historischen Besuch eingepflanzt wird.

Zugleich wurde außerhalb der Mauer eine Gedenktafel für Papst Benedikt XV. (1914-1922) angebracht, der im Jahr 1915 seine Stimme zur Verteidigung des armenischen Volkes erhoben hatte. Die Tafel befindet sich neben mehreren anderen, die an Personen erinnern, die das Gedenken an den armenischen Völkermord der Nachwelt erhalten haben, unter ihnen der Schriftsteller Franz Werfel.

Anschließend fuhr der Papst zu einem offiziellen Essen mit dem armenischen Patriarchen in dessen Amtssitz in Etschmiadzin. Für den Abend stand ein ökumenischer Gottesdienst in neuen St. Gregor-Kathedrale von Jerewan auf dem Programm der Papstvisite. Nach einer Messe unter freiem Himmel beendet Johannes Paul II. am Donnerstag seine sechstägige Reise in den Vorderen Orient.

K200106040
26. september 2001

av Webmaster publisert 01.10.2001, sist endret 01.10.2001 - 15:08