Ramallah: Kirchliche Schule stellt Unterricht vorübergehend ein

Israelische Soldaten wollten gewaltsam in das Schulgebäude der Episkopalkirche eindringen

Jerusalem, 21.1.02 (KAP) Die "Arab Evangelical School" in Ramallah im Westjordanland hat wegen der iraelisch-palästensischen Kämpfe ihren Unterricht vorübergehend für mindestens eine Woche eingestellt. Wie Sr. Vreni Wittwer, aus der Schweiz stammende Direkorin des an die Schule angeschlossenen Schülerheimes, am Montag im Gespräch mit "Kathpress" bestätigte, waren vergangenen Freitag israelische Soldaten drauf und dran, gewaltsam in die Schule einzudringen. Um zu verhindern, dass die Soldaten das Schulgebäude beschädigen, habe sie die Tür geöffnet. Sie hätten darauf hin ohne Angabe von Gründen das Gebäude der von der amerikanischen episkopalianischen (anglikanischen) Kirche getragenen Schule durchsucht, berichtete Wittwer.

Vermutlich hätten die Soldaten eine Möglichkeit gesucht, einen vorübergehenden Stützpunkt einzurichten. Schließlich seien sie wieder abgezogen, hätten sich aber in einem Privathaus gegenüber der Schule niedergelassen, so die Schwester. Da es in den vergangenen Nächten in der Umgebung der Schule immer wieder zu Schüssen gekommen sei, halte man seit Montag die Schule geschlossen. Man wolle das Leben der Kinder und auch der Lehrer nicht gefährden. Man hoffe, in einer Woche den Unterrichtsbetrieb wieder aufnehmen zu können.

Wittwer bestätigte, dass die Soldaten unter Gewaltandrohung die Direktorin der Schule, Samira Nasser, gehindert hatten, die Schule zu betreten. Pfarrer George Al Kopti, der Rektor der St. Andreas-Kirche in Ramallah, Sr. Najah Rantisi, Mitarbeiterin des Schülerheimes, sowie 19 Kinder im Alter zwischen 3 und 17 Jahren seien von den Soldaten unter Drohungen gehindert worden, das Gebäude während der Durchsuchung zu verlassen.

Die Episkopalkirche in den USA hat inzwischen Protest gegen das Vorgehen der israelischen Armee eingelegt und eine entsprechende Note an die US-Regierung übermittelt. Man werde die weiteren Entwicklungen sehr genau beobachten, teilte der Direktor des "Büros für Frieden und Gerechtigkeit" der Episkopalianer in New York mit.

Die 1954 gegründete Schule zählt nach eigenen Angaben 568 Kinder, vom Kindergarten bis zum Gymnasium. 70 Prozent der Schüler sind Christen, 30 Prozent Muslime. Sie werden von 45 Lehrpersonen betreut. Eines der Hauptziele der Schule sei, zu friedlichem Zusammenleben zu erziehen, betonte Direktorin Nasser angesichts der jüngsten Vorfälle. Dazu gebe es auch bilaterale Programme mit israelischen Partnern. Die Lehrer seien in Fragen friedlicher Konfliktlösung ausgebildet. Es gehe um Förderung des Dialogs anstelle von Gewalt.

Die anglikanische Diözese Jerusalem rief in einem Appell dazu auf, für das Schicksal der Schule und alle von der Gewalt betroffenen Menschen in der Region zu beten. Markus Bugnyar, katholischer Priester der Diözese Eisenstadt, der zur Zeit sein Doktoratsstudium in Jerusalem absolviert, leitete den Gebetsaufruf an kirchliche Stellen in Österreich weiter.

Kathpress
21. januar 2002