Papst Johannes Paul II. in der Ölmetropole Baku

Im überwiegend muslimischen Azerbaidschan leben offiziell nur rund 150 Katholiken

«Kathpress»-Hintergrundbericht von Franz Morawitz

Baku, 21.5.02 (KAP) Die erste Etappe der 96. Pastoralreise Johannes Pauls II. - Azerbaidschan - wird für den Papst im Zeichen des christlich-islamischen Dialogs stehen. Sogar Präsident Haidar Alijew - ein Sowjetkommunist reinsten Wassers, der seit 1993 regiert - bekennt sich neuerdings zum Islam. Von den 7,8 Millionen Einwohnern sind «offiziell» 6,8 Millionen Muslime, 440.000 orthodox und 17.000 Juden (1959: 40.000). Von der einst blühenden armenischen Gemeinde in Baku existiert heute nur ein leeres Gotteshaus, denn noch in den letzten Jahren der Sowjetherrschaft hatte es in Azerbaidschan verheerende antiarmenische Pogrome gegeben, bei denen der angeblich so potente sowjetische Sicherheitsapparat zugesehen hatte.

Azerbaidschan hat eine bewegte Geschichte: Vor 2.700 Jahren wurden die im Schwarzmeergebiet heimischen Skythen im Gebiet des heutigen Azerbaidschan sesshaft. Das Gebiet wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. Teil des Meder-Reichs. Im 4. Jahrhundert vor Christus war es eine Satrapie unter Atropates von Kleinmedien; der Name «Azerbaidschan» soll sich aus der arabischen Benennung des Atropates - «Azerbai» - ableiten. Das im ersten Jahrtausend dominante Christentum verschwand im zweiten Jahrtausend fast zur Gänze. Politisch gehörte das Gebiet immer zur iranischen Interessen- und Machtsphäre, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Russische Reich die Hand auf den Nordteil Azerbaidschans legte. Die Grenze zwischen Russland und Persien verlief ab 1828 entlang des Aras-Flusses.

Ölboom schon vor 1914

Mit der Erschließung und Förderung der riesigen Ölfelder im Kaspischen Meer und an der Küste Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Azerbaidschan zu einem der global begehrtesten Ziele der Großmächte. Die Region Baku lieferte 1914 knapp die Hälfte des in der Welt geförderten Erdöls.

Nach der Russischen Revolution trachtete insbesondere Großbritannien eine kommunistische Herrschaft über das Ölland um jeden Preis zu verhindern. Englische Truppen landeten im Juli 1918 in Baku; es kam zur Erschießung der «26 Kommissare von Baku». Unter Patronanz Londons wurde eine Azerbaidschanische Republik gegründet, der allerdings nur eine kurze Lebensdauer beschieden war. Denn am 28. April 1920 rückte die Rote Armee in Baku ein und machte der Republik gewaltsam ein Ende.

Im Jahre 1921 schloss Moskau einen Vertrag mit der Türkei, um sich das Gebiet auch gegenüber den pantürkischen Plänen der alten und neuen Herren in Konstantinopel bzw. Ankara zu sichern. Im März 1922 wurde Azerbaidschan Teil der Transkaukasischen Sowjetrepublik in der neu gegründeten UdSSR. Das überwiegend armenisch besiedelte Arzach (Berg-Karabach), eine Enklave in Azerbaidschan, erhielt 1923 einen Autonomiestatus.

Mit dem Zerfall der Sowjetunion erklärte sich auch Azerbaidschan für souverän. Der Gebietssowjet von Arzach proklamierte dagegen die Vereinigung mit Armenien, womit ein jahrelanger blutiger Krieg seinen Anfang nahm. Russland wiederum wollte das reiche Ölland nicht so einfach ziehen lassen. Eine sowjetische Militärintervention in Baku im Jänner 1990 forderte 130 Opfer. Die Unabhängigkeit kam schließlich am 18. Oktober 1991 zu Stande.

In Arzach, das sich nun ebenfalls für unabhängig erklärte, eskalierte jetzt der Krieg durch die armenische Militärhilfe. Erst am 12. Mai 1994 wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Die neue Situation und die Abschaffung der Todesstrafe machten es möglich, dass Azerbaidschan auch in den Europarat aufgenommen werden konnte (2001). Aber der Konflikt mit Armenien schwelt latent weiter.

Die fest im Griff der alten Kader der «Nomenklatura» befindliche Regierung in Baku beobachtete denn auch mit Argus-Augen die päpstliche Reisediplomatie in den beiden transkaukasischen Nachbarländern Georgien und Armenien. Während des Papstbesuchs in Armenien gab es einige scharfe verbale Querschüsse aus Baku. Aus Gründen der Ausgewogenheit wurde in Azerbaidschan auf einer Pastoralvisite Johannes Pauls II. in der Ölmetropole am Kaspischen Meer bestanden, auch wenn es im ganzen Land offiziell nur 150 Katholiken gibt.

Kathpress
21. mai 2002

av Webmaster publisert 21.05.2002, sist endret 21.05.2002 - 15:33