Religionen wollen Nahost-Friedensinitiativen voranbringen

Jüdische, christliche und islamische religiöse Führungspersönlichkeiten aus dem Heiligen Land konferierten in London

London, 25.10.02 (KAP) In London beraten jüdische, christliche und islamische religiöse Führungspersönlichkeiten aus dem Heiligen Land über Möglichkeiten zur Wiederankurbelung des Nahost-Friedensprozesses. Am ersten Tag der Gespräche hätten sich Vertreter von Judentum, Christentum und Islam für engere Kontakte untereinander ausgesprochen, um den religiösen Wurzeln zahlreicher Konflikte zu begegnen, berichtete die BBC am Freitag. Zudem sei ein Zehn-Punkte-Programm zur Vertrauensbildung verabschiedet worden, das unter anderem die Erziehung zu religiöser Toleranz in den Schulen enthalte.

Zu den Teilnehmern der Konferenz gehören auch Israels Vize-Außenminister Rabbi Michael Melchior und der Minister für Religiösen Dialog bei der Palästinensischen Autonomiebehörde, Scheich Talal Sidr. Gemeinsam mit dem lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Michel Sabbah, waren beide am Mittwoch mit dem Internationalen Coventry-Preis für Toleranz und Frieden der anglikanischen Kirche und des britischen Königshauses ausgezeichnet worden. Melchior, der bei der Pressekonferenz neben dem palästinensischen Scheich saß, sagte laut BBC: «Erstmals stehen hier wichtige Religionsführer auf und sagen: 'Wir übernehmen Verantwortung, dafür, dass das Klima der Gewalt sich verändert'». Gewalt sei eine «Entweihung des Gottesnamens».

«Nein zu Gewalt!»

Als Gastgeber widersprach der scheidende anglikanische Primas, Erzbischof George Carey, kritischen Stimmen, die solche Treffen als Plattform zum Austausch realitätsferner Platituden verurteilen. Wenn die Religionsführer den Dialog voranbringen wollten, täten sie «nicht, was Politiker tun sollten, sondern das, was Kirchenführer tun sollten». Das Ende von sowohl institutioneller Gewalt als auch von Selbstmordattentaten müsse «aus der Stärke der Religionen heraus» kommen, so Carey: «Wir sagen Nein zu Gewalt!»

Mehrere christliche Würdenträger, die an der Konferenz teilnehmen, waren auf dem Ben-Gurion-Flughafen von israelischen Grenzbeamten massiv bei der Ausreise behindert worden. Sie klagten über «erniedrigende Behandlung» und forderten Israel auf, Schikanierungen christlicher Geistlicher künftig zu unterlassen. Die israelischen Behörden hätten den Würdenträgern im Vorfeld mehrfach VIP-Behandlung zugesagt, dann jedoch an Ort und Stelle intensive Gepäck- und Passkontrollen durchgeführt. Rabbi Melchior als Vertreter der israelischen Regierung entschuldigte sich bei den Teilnehmern.

Das Treffen stand in der Nachfolge der so genannten «Erklärung von Alexandria». In der ägyptischen Metropole hatten im Jänner namhafte jüdische, christliche und muslimische Geistliche zu einer gewaltfreien Lösung des Nahostkonflikts aufgerufen und Selbstmordattentate ausdrücklich als Sünde verurteilt.

Kathpress
25. oktober 2002