Eine Kirche im Umbruch

Vorsitzender der Bischofskonferenz sieht den Weltjugendtag als Impuls für einen «umfassenden Plan zur Neu-Evangelisierung»

Ottawa, 23.7.02 (KAP) Die katholische Kirche in Kanada steht im Hinblick auf den Weltjugendtag in Toronto im Mittelpunkt weltweiten Interesses. «Kathpress» dokumentiert eine Darstellung der kirchlichen Situation aus der Feder von Sylvain Salvas, dem Kommunikationsdirektor der Kanadischen Bischofskonferenz:

Kanada ist das flächenmäßig zweitgrößte Land der Welt nach Russland. Die Bevölkerung ist entlang der amerikanisch-kanadischen Grenze konzentriert, im Inneren und im Norden sind weite Bereiche wenig bevölkert. Die kanadische Gesellschaft stellt ein multikulturelles Mosaik dar, mit sehr unterschiedlichen ethnischen Wurzeln. Die beiden offiziellen Staatssprachen sind englisch und französisch. Nach den offiziellen Statistiken von 1991 bekennen sich 83 Prozent der Bevölkerung zum Christentum. Insgesamt gibt es 30 christliche Glaubensgemeinschaften im Land, aber acht Kirchen - die katholische, die vereinigte protestantische, die anglikanische, die presbyterianische, die lutherische, die orthodoxe, die baptistische und die pfingstlerische - stellen zusammen 91 Prozent der Christen. Etwas mehr als die Hälfte der Christen sind Katholiken; unter ihnen stellen die Französischsprachigen rund die Hälfte. Die 12,6 Millionen kanadischer Katholiken sind auf 71 Diözesen verteilt, darunter sieben Eparchien östlicher Riten.

Das pastorale Umfeld der katholischen Kirche in Kanada war in den letzten Jahren und Jahrzehnten von gravierenden Veränderungen geprägt. Angesichts der fortschreitenden Säkularisierung der Gesellschaft müssen die großen kirchlichen Institutionen ihre Rolle und ihre Aufgabe überdenken. Die Zahl der Priester ist von 13.000 im Jahr 1978 auf 10.000 im Jahr 1999 gesunken; mehr als die Hälfte der derzeit tätigen Priester ist älter als 60. Die traditionellerweise im Bereich des Gesundheits- und des Erziehungswesens tätigen Ordensgemeinschaften haben ihre Aufgaben dem Staat oder Vereinigungen katholischer Laien überlassen.

Die Veränderungen in der katholischen Landschaft stellen einen Appell an die Verantwortung aller Getauften dar. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Jacques Berthelet von Saint-Jean-Longueuil, hatte an die Teilnehmer der Vorbereitungstagung für den Weltjugendtag im Jänner appelliert: «Auf den ersten Blick könnten diese Veränderungen als Probleme gesehen werden, tatsächlich handelt es sich aber um eine providenzielle Situation. Um was es heute geht, das ist ein umfassender Plan der Neu-Evangelisierung. Wir sind zu einer großzügigen pastoralen Kreativität herausgefordert».

Ohne die Arbeit tausender engagierter Laien - in der Mehrzahl Frauen - wäre die pastorale Arbeit der katholischen Kirche in Kanada undenkbar. In der Provinz Quebec zum Beispiel zählen viele Pfarren oder Pfarrverbände auf die Dienste eines Pfarrassistenten, der vom Bischof beauftragt ist und an einer theologischen Fakultät studiert hat. Auf diözesaner Ebene sind Laien als Pastoralamtsleiter, Ordinariatskanzler, Schulamtsleiter usw. tätig.

In einigen kanadischen Diözesen werden die Pfarren reorganisiert. Von Priestern, Ordensleuten, Diakonen und Laien gebildete Teams bieten auf regionaler Ebene ihre pastoralen Dienste an.

Neue Formen der Zusammenarbeit werden auch zwischen den Diözesen und den Bischofskonferenzen gesucht. Zum Beispiel haben die kanadische und die US-amerikanische Bischofskonferenz erstmals ein gemeinsames Projekt durchgeführt: den 3. kontinentalen Kongress über die geistlichen Berufungen im April dieses Jahres in Montreal. Im Gefolge der Veröffentlichung des Apostolischen Schreibens «Ecclesia in America» im Jahr 1999 treffen die kanadische und die US-amerikanische Bischofskonferenz und der Rat der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen (CELAM) einmal pro Jahr zusammen, um die großen Herausforderungen zu analysieren, denen sich die katholische Kirche auf dem amerikanischen Doppelkontinent stellen muss.

Der Ökumenismus und der interreligiöse Dialog stellen Bereiche dar, in denen die katholische Kirche in Kanada sehr fruchtbare Partnerschaften eingehen konnte. Die kanadische Bischofskonferenz ist Mitglied des Kanadischen Ökumenischen Rates (dem insgesamt 19 Mitgliedskirchen angehören) sowie von «Kairos», einer Gemeinschaft von rund zehn christlichen Organisationen, die sich für Solidarität, Förderung der Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden einsetzen.

Die erste Sorge der kanadischen Bischöfe gilt der Jugend. Die gravierenden Veränderungen im Erziehungssystem der einzelnen Provinzen stellen allerdings eine große Herausforderung für die Art und Weise dar, wie das Evangelium den Kindern, den Jugendlichen und den jungen Erwachsenen gebracht werden kann.

Kathpress
23. juli 2002

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