Jerusalem: Patriarchen warnen in Osterbotschaft vor Weg der Gewalt

Kirchenführer: "Unser Land hat gerade in den vergangenen Monaten viel Gewalt und Blutvergießen gesehen, ohne dass dies irgendetwas gebracht hat"

Jerusalem, 28.3.02 (KAP) Die Führer der christlichen Kirchen im Heiligen Land haben in einer gemeinsamen Osterbotschaft erneut eindringlich zum Frieden gemahnt. Gerade angesichts des bevorstehenden Osterfestes müssten alle Menschen daran mitarbeiten, eine Gesellschaft der Liebe, der Freude und des Friedens aufzubauen, betonen die Kirchenführer in ihrer am Gründonnerstag in Jerusalem veröffentlichten Osterbotschaft. Unterzeichnet ist das Schreiben vom lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Michel Sabbah.

In der Botschaft wird beklagt, dass durch die andauernde Gewalt viele Menschen getötet oder verletzt würden. Insbesondere den Angehörigen der Toten versichern die Kirchenführer ihre Anteilnahme.

Die Patriarchen und Bischöfe betonen, dass Gewalt kein geeignetes Mittel zur Konfliktlösung sei. "Unser Land hat gerade in den vergangenen Monaten viel Gewalt und Blutvergießen gesehen, ohne dass dies irgendetwas gebracht hat", heißt es.

Erinnert wird dagegen an den Weg Jesu, der das Kreuz auf sich genommen habe. Auch heute gelte es, dies zu tun, selbst wenn Christen "von menschlichen Waffen rundum umgeben sind".

Scharfe Kritik an Israel

Scharfe Kritik an Israel wird hingegen in einer bereits am Mittwoch veröffentlichten Osterbotschaft der bischöflichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden ("Iustitia et Pax") geübt. "Noch in keiner Karwoche seit dem Jahr 1967 haben die Palästinenser so viel Unterdrückung, Härte, Demütigung und Hoffnungslosigkeit erlitten wie in der diesjährigen", heißt es wörtlich.

Insbesondere die jüngsten Armeevorstöße in palästinensische Autonomiestädte werden verurteilt. Sie hätten zahlreiche Todesopfer gefordert und die gesamte palästinensische Bevölkerung - "im besonderen Frauen und Kinder" - terrorisiert. Öffentliche Gebäude, Kliniken, Schulen und Privathäuser seien in großem Umfang beschädigt worden - so etwa das katholische Schulzentrum in Gaza und die Katholische Universität Bethlehem.

Gefordert wird die umgehende Schaffung eines Palästinenserstaates auf dem 1967 von Israel annektiertem Gebiet. Die USA und die EU seien im höchsten Maß mitverantwortlich dafür, dass ein erster Schritt in diese Richtung unternommen und die gegenwärtige Blockierung der Verhandlungen gebrochen werde.

Ja zum Abdullah-Plan

Die Teilnehmer des Gipfels der Arabischen Liga stimmten unterdessen am Donnerstag in Beirut der Friedensinitiative des saudiarabischen Kronprinzen Abdullah zu. Abdullah bot Israel normale Beziehungen und Sicherheitsgarantien an. Im Gegenzug solle Israel die seit 1967 besetzten Gebiete räumen, sowie einen palästinensischen Staat und das Rückkehrrecht der Flüchtlinge anerkennen.

Die israelische Regierung kritisierte in einer ersten Stellungnahme den Vorschlag als zu vage. Die USA hingegen lobten den Entwurf als bedeutsamen Schritt.

Überschattet wurde die Zustimmung zu dem Friedensplan durch eines der schwersten Attentate seit dem Beginn des Aufstands der Palästinenser vor 18 Monaten. Zu dem Anschlag bekannten sich die Terrororganisation "Hamas" und die "Al-Aksa-Brigaden".

Bei dem Anschlag am Mittwoch in der Küstenstadt Netanya wurden mindestens 21 Menschen getötet. Mehr als 120 Personen wurden verletzt. Ziel des Attentäters war der Saal eines Hotels in Netanya, in dem sich zahlreiche Israelis zum Seder-Abend - dem Beginn des Pessachfestes - versammelt hatten.

Theologischer Lehrbetrieb ausgesetzt

Auf Grund der politischen Situation in Nahost hat das Theologische Studienjahr Jerusalem für 2002/03 seinen Lehrbetrieb ausgesetzt. Wie die Verantwortlichen, Benediktinerabt Benedikt Lindemann und Studiendekan Klaus Scholtissek, am Freitag mitteilten, habe "der äußere Rahmen das Studieren und die Bewegungsfreiheit nachhaltig eingeschränkt". Demzufolge seien auch die Bewerberzahlen stark zurückgegangen.

Das in einem Studienhaus der Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem untergebrachte Studienjahr bietet seit 29 Jahren für evangelische und katholische Studierende aus dem deutschsprachigen Raum ein breit gefächertes Studienangebot. Die Bildungsmaßnahme, zu dem neben dem von deutschen Universitäten anerkannten Lehrbetrieb auch Exkursionen und Begegnungen im Heiligen Land gehören, ist an die Benediktinerhochschule San Anselmo in Rom angegliedert. Das akademische Programm solle fortgesetzt werden, die Planungen richte sich auf das Jahr 2003/2004, heißt es in dem Kommunique aus Jerusalem.

Kathpress
28. mars 2002