Slowakische Bischöfe wehren sich gegen Vorwurf der «Vatikanisierung»

«Schul-Bischof» Balaz in Interview: «Katholischer Staat wäre ein Unsinn, und niemand will ihn»

Preßburg, 13.8.03 (KAP) Der slowakische «Schul-Bischof» Rudolf Balaz (Diözese Banska Bystrica) hat in einem Interview scharf auf Vorwürfe einer «Klerikalisierung» des Schulwesens und der Gesetzgebung der Slowakei reagiert. Im Vorfeld des Papstbesuchs in der Slowakei findet eine heftige politisch-publizistische Kampagne gegen die katholische Kirche statt. Von «Vatikanisierung», «Schritten zurück ins Mittelalter» bis zu «Gottesstaat katholischer Taliban» war die Rede.

Balaz betonte in einem Interview für die Zeitung «Sme», ein katholischer Staat wäre «ein Unsinn», und niemand wolle ihn. Der Bischof, der unter den Kommunisten 15 Jahre im Gefängnis war und danach unter Vladimir Meciar weitere Repressionen erleiden musste, erinnerte daran, dass es kirchlicherseits auch überhaupt keine Voraussetzungen zu einer Machtausübung gebe. Denn der «innere Zustand der Kirche» sei keinesfalls so, dass er «zu Begeisterung Anlass gebe». Balaz: «Zur Wallfahrt nach Levoca kommen zwar 700.000 unserer Leute, aber steigen sie vom Kirchenberg hinunter, wählen sie kommunistisch». In der Praxis sehe man, wie stark die Zahlen zurückgehen, wenn es «um die faktische Umsetzung des Glaubens und der christlichen Positionen geht».

Es gehe deshalb um «keine wie immer geartete 'Katholisierung' des Staats», so Balaz: «Wir wollen nur eine normale Republik, in der wir selbstverständlich unsere Rechte haben wollen. Wir fordern sie nach dem Modell ein, das in der übrigen Welt Praxis ist».

Dass sich 72 Prozent der Bevölkerung zum katholischen Glauben bekennen, aber fast ebenso viele nach Umfragen liberale Abtreibungsgesetze befürworten, erstaunt Balaz nicht: «Viele wagen nicht, sich vom Glauben abzuwenden, weil sich schon Eltern, Großeltern und ganze Generationen dazu bekannt haben. Aber sie verfügen über keinerlei Glaubenswissen. Vergessen wir nicht, dass sich ein pseudokatholisches Volk am Ende einer vierzigjährigen babylonischen Gefangenschaft befindet. Die religiöse Praxis der Menschen im mittleren Lebensalter ist ausradiert. Als Väter und Mütter haben sie ihren Kindern nichts weiterzugeben. Das ist die Realität».

Der Bischof warnte, dass die scheinbar religiöse Slowakei leicht ein ebenso «ungläubiges» Land wie Tschechien werden könnte: «Ich habe es nicht gern, wenn wir uns in der Welt als Katholiken und Christen brüsten. Denn das entspricht nicht der Wahrheit».

Sicherheitsmaßnahmen in Petrzalka

Großes Echo in den slowakischen Medien finden die Sicherheitsmaßnahmen, die zum Besuch Johannes Pauls II. ergriffen werden. Sie betreffen auch sehr stark die aus großen Plattenbauten der kommunistischen Zeit bestehende Satellitenstadt Petrzalka, die unmittelbar an der österreichischen Grenze liegt. Der Gottesdienst mit den Seligsprechungen am 14. September findet am Platz vor der Kirche von Petrzalka statt.

Wie es aus slowakischen Polizeikreisen heißt, werden in den nächsten Wochen «einige hundert» Wohnungen in der Nähe der Gottesdienstorte kontrolliert. Die Inhaber von Wohnungen in Sichtweite des Gottesdienstgeländes werden zum Nachweis der Identität aufgefordert werden. Im Verdachtsfall soll auch die Wohnung durchsucht werden.

Polizei-Chef Jan Packa sagte zur Zeitung «Novy cas», die Bewohner einiger Wohnungen würden auch aufgefordert, sie polizeilichen Scharfschützen zur Verfügung zu stellen. Wenn eine Wohnung zum Zeitpunkt der Kontrolle leer stehe, werde sie versiegelt. Packa: «Bei der Kontrolle werden wir die Bewohner sämtlicher Wohnungen auffordern, während der Messe keine Fenster oder Balkontüren zu öffnen. Wir werden die Situation mit Hubschraubern und Scharfschützen überwachen». Der Polizeichef fügte hinzu, dass «solche Maßnahmen und Kontrollen vor allem für dunkle Figuren hinderlich» sein werden. Schließlich sei «kein Geheimnis, was in einigen Wohnungen in Petrzalka vor sich geht: Dort werden Drogen verkauft und andere Straftaten begangen».

Auch Roma wollten Papst treffen

Auch die Vertreter der Roma haben Interesse an einer Begegnung mit Johannes Paul II. Allerdings wurde ihnen von bischöflicher Seite mitgeteilt, «dass eine Audienz angesichts des Gesundheitszustands des Papstes nicht möglich sein werde». Der Vorsitzende des Roma-Rates in der Slowakei, Ladislav Fizik, zeigte sich enttäuscht. Man habe den Papst persönlich treffen wollen, um ihn zu bitten, für die Roma zu beten. Er solle «den Bann aufheben, der die Roma in jedem Staat verfolgt», so Fizik.

Im Vatikan sagte der päpstliche Zeremoniär, Bischof Piero Marini, durch den geistlichen Impuls des Papstbesuchs werde es für die Slowakei «leichter sein, in die reiche kirchliche und gesellschaftliche Beziehung» des EU-Europas einzutreten. Das slowakische Volk mit seiner kulturellen und religiösen Tradition könne in der EU «einen spezifischen Beitrag anbieten». Marini wörtlich: «Der Heilige Vater wiederholt der Kirche in der Slowakei die prophetischen und programmatischen Worte aus dem Lukas-Evangelium, mit denen er das dritte Jahrtausend der christlichen Ära eröffnet hat: 'Duc in altum' (Fahr hinaus auf die hohe See)».

Kathpress
13. august 2003

av Webmaster publisert 08.09.2003, sist endret 08.09.2003 - 15:34